„Die ‚bessere‘ Wohnung beansprucht ein ganzes Haus allein für sich, die ‚schlechtere‘ ist neben, unter und über anderen Wohnungen lediglich Bestandteil eines Hauses.“1
In seiner Persiflage aus dem Jahr 1979 karikiert der amerikanische Architekt und Theoretiker Stanley Tigerman das Einfamilienhaus der Vorstadt als „The Best Home of All“. Trotz der Ironie seiner Darstellungen besteht auch heute kein Zweifel daran, dass sich das Haus im Grünen als Wohnideal und Familientraum ungebrochener Beliebtheit erfreut. Dennoch ist das Einfamilienhaus über die Jahre stark in Bedrängnis geraten und wird als wenig zukunftsweisende Typologie betrachtet. Dem größten Kritikpunkt, seiner geringen Dichte², wird heute vielfach mit Abriss und Neubau großkörniger Mehrfamilienhäuser eine ebenso monotone und wenig nachhaltige Lösung entgegengestellt.
Deshalb eröffnen wir dieses Semester die 2. Reihe, erweitern auf einem ausgewählten Grundstück in der Grazer Vorstadt ein Einfamilienhaus um ein zweites Haus im Garten. Wer wird dort wohnen? Wie wird gewohnt, gearbeitet, gelebt? Wie und woraus wird gebaut?
Architekt:innen haben das Haus als Archetyp des Wohnens immer wieder zur Spielwiese ihrer Ideen erklärt und über die Grenzen der Konvention hinweggetrieben. Gibt es auch heute noch Möglichkeiten diese Typologie weiterzuentwickeln? Wir werden sehen…
1Weiß, Klaus-Dieter: Grenzenloses Wohnen. Zwischen Wohnung, Haus und Stadt, in: Bauwelt Fundamente 64, Conrads, Ulrich (Hg.): Abschied von der Postmoderne. Beiträge zur Überwindung der Orientierungskrise, Braunschweig 1987.
2Würde man sämtliche Bewohner Österreichs auf alle bestehenden Einfamilienhäuser verteilen, kämen man nur auf 4 Bewohner pro Haus. Vgl. Mayer, Katharina u.a. (Hg.): Boden für Alle, Wien 2020, S. 14.
Programmvorstellung: Mittwoch, 29.09.2022, ab 9:00 im HSI (Rechbauerstraße 12, Tiefparterre)
Kursanmeldung: Donnerstag, 30.09.2022, 11:00 – 03.10.2022, 23:59