Die Präsenz der Vergangenheit • Ein Modell zur Weiterentwicklung der Gedenkstätte Döllersheim am Truppenübungsplatz Allentsteig

Studienjahr 2017/18
Agnes Nagler
Masterarbeit
Andreas Lechner
Typology: Culture

Architektur verliert ihr Ansehen als Kunst oberster Instanz und gehorcht immer mehr wirtschaftlichen und ökonomischen Aspekten. Entwürfe basieren auf Daten und Zahlen. Doch wenn ein Ort sachlich gut funktioniert, kann er auf viele Arten bespielt und immer wieder neu definiert werden, und somit lange leben, länger als ihn Zahlen alt werden lassen können. In dieser Arbeit beschäftige ich mich mit dem Truppenübungsplatz Allentsteig, insbesondere mit der Gedenkstätte Döllersheim. Während des zweiten Weltkrieges wurden aus diesem Gebiet Bewohner von insgesamt 42 Ortschaften zur Errichtung eines militärischen Truppenübungsplatzes ausgesiedelt. Diese Familien wurden teilweise mit nur sehr geringen Geldbeträgen entschädigt. Mit Ende des Krieges ging der Besitz in sowjetische Hand über und mit Unterzeichnung des Staatsvertrags gelangte er zurück in österreichische, welche den Platz bis heute zu militärischen Zwecken nutzt. An die Existenz des ehemals größten Ortes in der Region erinnern heute nur noch Ruinen. Zwei Bauten eben dieses Ortes, die Friedenskirche und das Bürgerspital, stehen unter Denkmalschutz. Döllersheim wurde 1981 aus dem militärischen Sperrgebiet ausgenommen und als Gedenkstätte deklariert. Nicht nur geschichtlich, sondern auch in architektonischer Hinsicht, hat dieser Ort eine einzigartige Anziehungskraft. Ein Ort, an welchem verschiedenste architektonische Disziplinen aufeinandertreffen. Ein Ort, welcher sich in einer Art Zeitkapsel befindet, der sich zwar dem Verfall der Zeit nicht entziehen konnte, aber dennoch von jeder Art baulicher Modernisierung verschont blieb. Die fehlenden Eingriffe durch den Menschen während der letzten Jahre machten aus dem einst malerischen Dorf eine Geisterstadt, eine Ruinenlandschaft mit einer physischen Anwesenheit von gebauter Struktur, aber ohne einen funktionalen Sinn. Im Entwurf, soll genau dieser Zeit Masse zugewiesen werden. Phantome, welche die Zeit von der Aussiedlung bis zur Gegenwart kommunizieren. Die skulpturale Anfügung an den Bestand soll die Geschichte des Ortes unterstreichen und die Zeitgeschichte bis zur Gegenwart fassen. Der Entwurf zeigt eine Kulisse, einen Ort, der besucht und betrachtet werden kann, der jedoch noch nicht zu Ende gedacht ist, sondern den Anfang zu weiteren Entwicklungen darstellt. Diese Interventionen sind nur eine kleine Etappe, nur ein kleiner Stein in der Geschichte des Ortes. Das Gebiet soll nicht als architektonische Leinwand, sondern als fortdauernde, fruchtende Ressource gesehen werden. Wichtig in diesem Entwurf ist es, nicht zu rekonstruieren, sondern eine monumentale und kaum wahrnehmbare Landschaft zu schaffen, die fast unberührt erscheint und nur darauf wartet, bespielt zu werden. Ruinen sind funktional unbestimmt, also nutzlos. Diese unbestimmte Nutzung kann man sich zu Nutze machen, als Gegenposition zur heute vorherrschenden, vorbestimmten Monofunktionalität. Nichts ist so beständig wie der Wandel! Ein Entwurf ohne Funktion, der von den Möglichkeiten der Leere lebt.